Die Wasserfassung von Thusy und das Kraftwerk Hauterive wurden vom Kanton Freiburg errichtet und im April 1902 eingeweiht, also noch einige Jahre vor der Gründung der Freiburger Elektrizitätswerke (FEW), aus denen später Groupe E hervorgehen sollte. Die Wasserfassung erfolgte in Höhe der Brücke von Thusy über die Saane. Heute sie vor allem von einigen mutigen Tauchern frequentiert, die sich dort in das kalte und aufgewühlte Wasser des Greyerzersees wagen. Bereits 1904 plante FEW-Chefingenieur Hans Maurer den Bau eines Staudamms in der Saaneschlucht oberhalb der Brücke von Thusy und sprach sich für diesen Ort aus. Erste Pläne wurden bereits 1913 erstellt, jedoch hätte für dieses Projekt die Stromerzeugung im Kraftwerk Hauterive während der Bauarbeiten jahrelang gestoppt werden müssen, was die Stromversorgung in der Zeit des Ersten Weltkriegs gefährdet hätte. Deshalb gab man zunächst dem – weitaus kleineren – Staudamm von Montsalvens über den Jaunbach den Vorzug, der 1921 in Betrieb genommen wurde.

Aufgrund des weiterhin hohen Wachstumspotenzials für Elektrizität verpflichteten sich die FEW trotz des Zweiten Weltkriegs zum Bau von Rossens. Der Ingenieur Henri Gicot griff die Pläne von Hans Maurer wieder auf, und im Dezember 1943 gab das Kantonsparlament grünes Licht für das entsprechende Projekt.

Der Staudamm wurde am Anfang einer an der Basis etwa 100 m breiten, trogförmigen Schlucht errichtet, die sich an der Krone auf etwas über 200 Meter ausweitete. Aufgrund der an dieser Stelle günstigen geologischen Bedingungen liess sich das Staubecken bei annehmbaren Kosten optimal erweitern. In Verbindung mit dem bereits bestehenden Kraftwerk von Hauterive konnte so eine Fallhöhe von 110 Metern erreicht werden.

Auch die Entscheidung für eine Bogenstaumauer wurde aufgrund der geologischen Bedingungen getroffen: Es handelte sich um die erste Staumauer in Molasse, einem ziemlich stark verformbaren Sedimentgestein. Auch wirtschaftliche Gründe befeuerten diese Wahl, denn mit einer Bogenstauwehr konnten die verbauten Betonmengen begrenzt werden. In Kriegszeiten war diese Optimierung höchst willkommen. Die Höhe der Staumauer von 83 Metern wurde so berechnet, dass möglichst viel Wasser gestaut werden konnte. Begrenzt wurde sie durch die Höhe des Kraftwerks Broc.

Die Umsiedlung der 120 Bewohner des Tals und die Flutung des Ackerlands erfolgten in Verbindung mit finanziellen Entschädigungen oder Angeboten für neuen Wohnraum und neues Land. Den Namen «Greyerzersee» verabschiedete der Staatsrat bei seiner Sitzung am 6. Juli 1948. Die Flutung hatte bereits im Frühjahr desselben Jahres begonnen.

Nach aktuellem Wissensstand wird die Lebensdauer von Bauwerken wie Rossens auf 80 bis 250 Jahre geschätzt. Zum Vergleich: Der im Jahr 1870 erbaute Staudamm Magere Au musste in den Jahren 1998-2005 renoviert werden, also fast 130 Jahre nach seiner Errichtung, um auch künftig Hochwasser-Ereignissen und Erdbeben standhalten zu können. Allerdings wurde die Staumauer von Rossens mit modernerem Beton errichtet, der auch von besserer Qualität ist als der Beton der Staumauer Magere Au. Die regelmässig durchgeführten Kontrollen werden den Direktiven der Eidgenossenschaft in vollem Umfang gerecht. Daraus kann man schliessen, dass der Staudamm von Rossens noch viele Jahrzehnte funktionstüchtig sein und jedes Jahr über 64°000 Haushalte mit lokal erzeugter, erneuerbarer Energie versorgen wird.

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Groupe E Rédaction

Text : Jean-Pierre Chapuis

Foto: Groupe E